Das Paris von Sartre und Beauvoir

Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir gehörten zu den bedeutendsten Vertretern des Existentialismus. Sie verbrachten den Großteil ihres Lebens in ihrer Heimatstadt Paris.
Sartre Beauvoir Paris
Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir am Denkmal von Balzac ( Unbekanntes Datum – Public Domain )

Der Existentialismus

Zusammen mit Albert Camus waren Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir die wichtigsten Vertreter des Existentialismus. Dabei handelte es sich um eine vorwiegend französische philosophische Variante der Existenzphilosophie.

Simone de Beauvoir war zudem Schriftstellerin und Feministin. Mit dem sozialgeschichtlichen Buch „Das zweite Geschlecht“ gelang ihr 1949 ein bedeutender Erfolg, der als Meilenstein der feministischen Literatur eingestuft wird. Simone de Beauvoir stieg mit diesem Werk zu einer der bedeutendsten Intellektuellen Frankreichs auf.

Jean-Paul Sartre verfasste 1943 mit dem philosophischen Werk „Das Sein und das Nichts“ das theoretische Fundament für den Existentialismus. Dabei zeigte der Autor auf, dass sich das Sein des Menschen von dem Sein von Tieren oder anderen Dingen dadurch unterscheidet, dass er einen Bezug zum Nichts besitzt. So habe der Mensch mit der Bürde der Freiheit auch die Last der Verantwortung.

In Paris der 50er-Jahre galten Existentialisten als junge melancholische Menschen, die meist schwarz gekleidet waren und ihre Zeit in Universitäten, Cafés und Jazzkellern verbrachten.

Weil sich der Existentialismus politisch stark engagierte, sah er sich häufig heftiger Kritik aus unterschiedlichen Lagern ausgesetzt. So wurde ihm vorgeworfen, zu stark zu polarisieren und zwischen den menschlichen Lebensformen zu wenig zu differenzieren.

Herkunft von Jean-Paul Sartre

Geboren wurde der Hauptvertreter des Existentialismus am 21. Juni 1905 in Paris.

Sartres Vater war Offizier bei der Marine und verstarb schon bald nach seiner Geburt an Gelbfieber.

Sartres Mutter zog anschließend zu ihren Eltern.

Sartres Großvater Charles Schweitzer war ein Onkel von Albert Schweitzer. Als Lehrer eines Gymnasiums unterrichtete er seinen Enkel in Deutsch. Darüber hinaus wurde der junge Jean-Paul von verschiedenen Privatlehrern unterrichtet.

Als seine Mutter 1917 erneut heiratete und mit ihrem neuen Ehemann nach La Rochelle zog, bedeutete dies einen schweren Schlag für Jean-Paul.

Als er Geld aus der Haushaltskasse stahl, um Süßigkeiten zu kaufen, brach sein Großvater mit ihm.

1920 kehrte Jean-Paul nach Paris zurück und besuchte das Gymnasium Henri IV. Sein Mitschüler Paul Nizan, mit dem er in einem Wohnheim lebte, führte ihn in die zeitgenössische Literatur ein.

1923 gelang es Sartre, eine Novelle sowie mehre Kapitel eines Romans für kleinere Zeitschriften zu verfassen. Außerdem flammte sein Interesse an Philosophie auf. Darüber hinaus interessierte er sich für Jazz und Filme.

Seine Eltern leben inzwischen ebenfalls wieder in Paris. Bei seinen Besuchen kam es oft zum Streit mit seinem Stiefvater, der ihn für einen Kommunisten hielt.

Herkunft von Simone de Beauvoir

Das Licht der Welt erblickte Simone de Beauvoir am 9. Januar 1908 in Paris am Boulevard du Montparnasse.

Sie war die älteste von zwei Töchtern. Ihre Eltern Georges und Françoise waren wohlhabend und lebten von einem ausgezahlten Erbteil.

Mit ihrer jüngeren Schwester Hélène besuchte Simone im Alter von fünf Jahren das katholische Mädcheninstitut Cours Désir, das in der Rue Jacob lag, und fiel als gute Schülerin auf.

Als der Erste Weltkrieg zu Ende ging, kam es zum finanziellen Abstieg der Familie de Beauvoir. So hatte der Großvater sein Vermögen eingebüßt und konnte die Mitgift für seine Tochter nicht mehr zahlen. George de Beauvoir hatte sein Geld vor allem in russischen Wertpapieren angelegt, die durch die Oktoberrevolution 1917 wertlos wurden.

Simone de Beauvoir wollte keine bürgerliche Hausfrau werden. Sie strebte das Lehramt Philosophie an und lernte verschiedene Intellektuelle kennen.

Begegnung zwischen Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir

Ab 1928 bereitete sich Simone de Beauvoir auf die Rekrutierungsprüfung für Gymnasialprofessoren vor, besuchte Kurse an der Sorbonne und schrieb eine Diplomarbeit in Philosophie.

Dabei lernte sie 1929 in einem Teesalon am Odéon schließlich Jean-Paul Sartre kennen. Hinter ihm belegte sie den 2. Platz unter den Kandidaten der Agrégation. Es gelang ihr jedoch zunächst nicht, in Paris eine Stellung anzutreten.

Einen Großteil ihrer Zeit verbrachte sie mit dem wenig attraktiven, aber humorvollen und klugen Sartre. Oft zogen sie durch Paris. Schließlich wurden die beiden unzertrennlich und verliebten sich ineinander.

Im Jardin du Luxembourg debattierten Sartre und Simone de Beauvoir oft über philosophische Themen.

Simone de Beauvoir entschied sich nach bestandener Prüfung für ein Leben abseits der bürgerlichen Moral, denn auf seine Affären mit anderen Frauen mochte Sartre nicht verzichten, sodass eine offene Beziehung entstand, was im damaligen Paris höchst ungewöhnlich war.

Sartre machte Simone sogar einen Heiratsantrag, den sie jedoch ablehnte.

Pakt für die Freiheit

Simone de Beauvoir schloss mit Jean-Paul Sartre einen Pakt. Während seines Militärdienstes von 18 Monaten sollte Simone in Paris bleiben, damit die beiden sich so oft wie möglich sehen konnten. Außerdem wollten sie stets ehrlich zueinander sein und die Beziehung nicht durch Routine erstarren lassen. Es handelte sich dabei um einen Selbstversuch, der 51 Jahre lang andauern sollte.

In den kommenden Jahrzehnten trennten sich die Wege von Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre häufig und führten die beiden immer wieder zusammen.

Während des Zweiten Weltkrieges bildete das ungewöhnliche Paar eine Widerstandsgruppe.

Im Jahr 1943 erschien de Beauvoirs erster Roman „Sie kam und blieb“. Gemeinsam mit dem 1945 veröffentlichten Roman „Das Blut der anderen“, ebenfalls ein existentialistisches Werk, bedeutete dies den Durchbruch als Schriftstellerin.

Das Café de Flore

Zu den Pariser Orten, in denen Simone de Beauvoir häufig verkehrte, gehörte das Literatencafé de Flore, das in Saint-Germain-des-Prés lag. In dem Café konnte sie arbeiten und Freunde treffen. Sie begegnete dort sogar Pablo Picasso.

Zusammen mit Jean-Paul Sartre konnte Simone 1945 die erste Ausgabe der Zeitschrift „Les Temps Modernes“ abschließen.

In den folgenden Jahren unternahmen die beiden zahlreiche Reisen in die verschiedensten Länder.

Durch ihr Werk „Das andere Geschlecht“ gelang Simone de Beauvoir ein Welterfolg, wodurch sie zur bekanntesten Intellektuellen von Frankreich avancierte. Dadurch unternahm die Literatin weitere Reisen und verfasste Reportagen darüber.

Einen großen Teil ihrer Zeit verbrachten Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre in Rom, das zu ihrer zweiten Heimat wurde.

Sartre stieg zum tonangebenden Intellektuellen Frankreichs auf.

Wegen der sowjetischen Intervention in Ungarn kehrte der Publizist den Kommunisten vorerst den Rücken und kritisierte den Stalinismus.

Als es zwischen 1954 und 1962 zum Algerienkrieg kam, engagierte sich das Paar gegen den blutigen Konflikt, was ihnen Durchsuchungen der Büroräume ihrer Zeitung einbrachte.

Simone de Beauvoir sah sich sogar den Drohungen eines Polizeikommissars ausgesetzt. Trotzdem verfasste sie einen Artikel über die Folterungen in Algier und engagierte sich für ein Mädchen, das zu den Folteropfern zählte.

Auf einer Reise nach Kuba trafen die beiden mit Che Guevara und Fidel Castro zusammen. Über die USA kehrten sie wieder nach Paris zurück.

Späte Jahre

1964 erhielt Jean-Paul Sartre den Nobelpreis für Literatur, den er jedoch ablehnte, um seine Unabhängigkeit bewahren zu können.

Weil er erblindete, konnte er ab 1973 nicht mehr schreiben.

Als er schwer erkrankte, wurde er von Simone de Beauvoir bis zu seinem Tod am 15. April 1980 gepflegt. Trotz aller anderen Beziehungen hatte der Pakt zwischen den beiden bis zu Sartres Tod gehalten.

Nach dem Tod von Sartre wurde die Philosophielehrerin Sylvie Le Bon von Simone de Beauvoir adoptiert und fungierte als deren Nachlassverwalterin.

1981 erschien das Werk „Die Zeremonie des Abschieds“. Darin blickte Simone de Beauvoir melancholisch auf die letzten Jahre mit Jean-Paul Sartre zurück.

Am 24. April 1986 schloss Simone de Beauvoir für immer die Augen.

Neben Sartre fand sie auf dem Cimetière de Montparnasse ihre letzte Ruhe.

Der Friedhof Montparnasse stellt heute eine beliebte Sehenswürdigkeit von Paris dar. So liegen hier zahlreiche prominente Franzosen begraben. Darüber hinaus lassen sich verschiedene Kunstwerke auf einigen Grabstätten bewundern.

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