Algerienkrieg (1954–1962)

Der Algerienkrieg belastet die französische Nation bis heute. Man sollte meinen, dass Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg genug gehabt hätte von Gewalt und Gefechten. Doch nur neun Jahre später befindet es sich mit Algerien im Krieg um dessen Unabhängigkeit. Dieser Kampf wurde von 1954 bis 1962 ausgefochten.

Ursachen für den Algerienkrieg

Im 19. Jahrhundert wurde Algerien nach zahlreichen Auseinandersetzungen zuerst zur Kolonie und später zum Territorium Frankreichs erklärt. Den Algeriern wurden jedoch jegliche Bürger- und Grundrechte verwehrt, Arabisch wurde zur Fremdsprache erklärt, und es wurde mehr als ein Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche an französische Siedler übergeben, die gerade einmal 10 Prozent der Bevölkerung ausmachten.

Seit dieser Zeit versuchten die Algerier mehrfach, durch Aufstände und Revolten für ihre Rechte und ihre Unabhängigkeit zu kämpfen. Die Aufstände wurden von der französischen Armee jedoch jedes Mal blutig niedergeschlagen. Häufig kam es auch zu Folterungen und Misshandlungen algerischer Bürger.

Kriegsverlauf

Der Algerienkrieg begann 1954. Im März des Jahres wurde die nationale Befreiungsfront FLN (Front de Libération National) in Algerien gegründet und wollte nun endgültig die Unabhängigkeit von Frankreich erreichen.

Sie eröffnete am 1. November 1954 den bewaffneten Kampf gegen die französischen Truppen. Allein an diesem Tag verübte sie 70 Anschläge auf die französische Polizei und das Militär sowie auf Algerier, die mit Frankreich kooperierten. Darauf folgten mehrere hundert weitere Übergriffe in den anschließenden Monaten.

Der FLN politisierte mehr und mehr Algerier und wurde zudem von weiteren afrikanischen Staaten unterstützt. 1957 entschied sich die Schlacht in der Hauptstadt Algier zugunsten der Franzosen, nachdem sie ihre Armee auf 500.000 Soldaten aufgestockt hatten. Der FLN wurde vorerst zerschlagen.

1961 stimmten mehr als 3/4 der französischen Bevölkerung für Algeriens Unabhängigkeit. Trotzdem verübten sowohl die Franzosen als auch der FLN weiterhin zahlreiche Terroranschläge. Der letzte große Kampfakt fand am 17.Oktober 1961 statt, als ein friedlicher Demonstrationszug von Algeriern durch Paris zog und gewaltsam von der französischen Polizei aufgehalten wurde.

Binnen weniger Tage wurden etwa 200 der 30.000 teilnehmenden Algerier getötet und 14.000 weitere in Gefangenschaft genommen. Dies wird als Massaker von Paris bezeichnet.

Am 18. März 1962 wurde schließlich das Abkommen von Évian unterzeichnet, welches als Waffenstillstands- und Selbstbestimmungsvereinbarung für Algerien fungierte.

Folgen

Seit dem 3. Juli 1962 gilt Algerien offiziell als unabhängig. Über die Zahl der Getöteten gibt es keine genauen Angaben. Frankreich berichtet, dass in diesem Krieg etwa 350.000 Algerier und rund 17.500 eigene Soldaten gefallen seien. Laut algerischer Seite beträgt die Opferzahl das Fünffache.

Zudem flüchteten nahezu alle französischen Siedler und sogenannte Harkis aus Algerien, um den Mordanschlägen der FLN zu entgehen. Harkis sind Algerier, die während des Krieges auf französischer Seite kämpften. Mehrere hunderttausend Menschen verließen das Land, um sich vor allem nach Frankreich, aber auch in die Bundesrepublik Deutschland zu retten.

Frankreich hatte angesichts dieser Niederlage und der Brutalität des Algerienkrieges erheblich an Ansehen einbüßen müssen. Bis 1999 durfte der Algerienkrieg per Gesetz nicht einmal als Krieg bezeichnet werden.

Wer sind die 'Harkis'?

Die französische Armee rekrutierte im Algerienkrieg unter den algerischen Einheimischen Hilfstruppen sowie Verwalter, Dolmetscher, Mechaniker und andere Hilfskräfte. Diese werden als Harkis bezeichnet. Also nicht nur Soldaten, sondern auch Personen, die zivile Aufgaben für die Armee übernahmen.

Algerien wurde 1962 nach jahrelangem Krieg zwischen der französischen Armee und der Front de Libération Nationale (FLN) in die Freiheit entlassen. Der Krieg wurde auf beiden Seiten mit unglaublicher Brutalität betrieben. Mord, Folter und Massaker waren an der Tagesordnung und belasten bis heute das Verhältnis zwischen Frankreich und Algerien.

Die Gründe dafür, ein Harki zu werden, waren unterschiedlich. Für viele bot die französische Armee einfach einen guten Arbeitsplatz, andere wollten sich dadurch vor der FLN schützen. Wieder andere fühlten sich mehr mit Frankreich verbunden als mit einem Algerien, das unabhängig werden könnte. Eine große Rolle spielte sicher auch die Zugehörigkeit zu einem Stamm oder zu einem Dorf: War der ganze Clan auf der Seite der Franzosen, war die Entscheidung naheliegend, ebenfalls Harki zu werden.

Das Schicksal der Harkis

Nach der Unabhängigkeit wurden die Harkis von ihren ehemaligen Vorgesetzten entwaffnet und waren den Racheaktionen der FLN schutzlos ausgeliefert. Es starben wohl mehrere zehntausend Menschen.

Als Frankreich die Harkis einwandern ließ, nutzten viele diese Chance, um ihrem Heimatland zu entkommen. Denn dort gelten Harkis bis heute als Verräter und sind Anfeindungen ausgesetzt. Aber auch von Frankreich fühlten sich die Harkis im Stich gelassen, jahrelang wurden sie in Auffanglagern unter ärmlichen Bedingungen untergebracht.

Erst 2012 übernahm die französische Regierung die Verantwortung für das Leid der Harkis. Zu spät für viele von ihnen.

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